Tief im Westen Deutschlands findet man noch Ecken, die sich dem Wandel widersetzt haben. In denen die alten Zeiten nachhallen, in denen Berg- und Stahlarbeiter eine bewunderte Elite waren, die für den Fortschritt des Landes standen. Das Ruhrgebiet ist inzwischen grün geworden und das Saarland kämpft verbissen mit den Folgen des Strukturwandels.
Doch im saarländischen Dillingen ist alles anders ... Hier rauchen noch die Schlote der Hochöfen einer Fabrik, der man von weitem ansieht, dass sie keine filigranen Roboter beherbergt, die Arbeiten mit einer Passgenauigkeit von Hundertstel Millimetern verrichten. Hier wird noch richtig malocht. Die Dillinger Hütte blickt auf eine 330-jährige Firmengeschichte zurück und hat es immer wieder geschafft, sich dem Wandel der Stahlindustrie anzupassen. Am anderen Ende der Stadt findet man im Gewerbegebiet das Transportunternehmen von Stefan Schmitt. Er ist auf vielfache Weise mit dem Hüttenwerk verbunden - in guten wie in schlechten Zeiten. Seit Jahren fährt Schmitt Ladungen der Dillinger Hütte und kann damit etwa die Hälfte seines Fuhrparks beschäftigen.
DER REDUZIERTE FUHRPARK SORGT FÜR EINE WEITERHIN GUTE AUSLASTUNG
Als vor einiger Zeit die Stahlkonjunktur abflaute, die europäischen Hütten Probleme bekamen und auch die Dillinger Hütte mit Kurzarbeit und Arbeitsplatzabbau gegensteuern musste, reagierte der Transporteur schnell und baute seine Flotte so weit ab, dass der Rest gut ausgelastet war. "Im Moment läuft es recht gut und wir haben wieder zugekauft," berichtet Schmitt.
Bei so vielen Verbindungen zum Hüttenwerk stand eine "Foto-Location" schnell fest. Diesmal geht es nicht um Schwertransporte, die Schmitt auch macht und die etwa die Hälfte seiner Fahrzeuge beschäftigt. Vielmehr geht es um die künstlerische Seite der Firma: Schmitt gehört zu den Unternehmern, die sich durch ein auffälliges Design ihrer Flotte von der Masse abheben wollen. "Er ist Jäger, darum muss der Grundton unbedingt Grün sein," erklärt Schmitts Mitarbeiterin Birgit Welsch das Faible ihres Chefs (sie ist übrigens die einzige Frau im Saarland, die ein BF3-Begleitfahrzeug fahren darf). Auf das Grün kommen immer wieder Airbrush-Motive unterschiedlichster Art. Der erste veredelte Truck war - wenig überraschend - dem Stahlwerk gewidmet. Schmitts Freund Stefan Hoffmann sprühte Bilder von Hochöfen und Stahlkochern auf den Lack eines Actros - eine Welt, die dem Airbrusher bestens vertraut ist. Denn er ist einer von den gut 5000 Mitarbeitern des Hüttenwerks und betreibt das Airbrushen als Hobby in seiner Freizeit.
MARKENÜBERGREIFEND LÄSST STEFAN SCHMITT SEINE FLOTTE VEREDELN
Später veredelte Hofmann einen MAN mit Motiven zum Thema Stierkampf, weil dessen Fahrer lange in Südfrankreich und Spanien gelebt hatte. Ein Scania-Dreiachser (Bericht im nächsten TRUCKER), den Schmitt selbst fährt, erinnert an die Bilder, die man mit "Gelsenkirchener Barock" in Verbindung bringt - aber als passionierter Jäger wollte er Motive auf der Kabine haben, die mit seinem Hobby in Verbindung stehen: Hirsch, Auerhahn, eine Rotte Wildschweine sowie Eichhörnchen und Vögel. Oder wie es Birgit Welsch ausdrückt: "Seine Tiere und seinen Wald!" Die neueste Errungenschaft ist eine Renault-Sattelzugmaschine. Der Fernverkehrstruck aus der Baureihe T wird künftig von dem Chauffeur bewegt, der am längsten in der Firma ist.
Folglich durfte der Fahrer bei der Diskussion, welches Thema man umsetzt, ein Wörtchen mitreden. Zuerst wollte er Drachen Feuer speien lassen, wogegen Schmitt sein Veto einlegte. Dann verfiel man auf die Idee, "etwas mit Frankreich" zu machen. Schließlich ist im Saarland die Nachbarschaft zur Grande Nation vielfach spürbar, zudem kommt der Renault ja auch aus Frankreich. Doch das Land ist groß, dementsprechend breitgefächert waren die Ideen, die beim Brainstorming auf den Tisch kamen.
"Sogar über den Komiker Louis de Funes haben wir geredet," erinnert sich Welsch. Schließlich fiel die Entscheidung zu Gunsten der französischen Geschichte: Die Revolution und Napoleon sollten auf den Lack. Jetzt schaut gleich unter der Windschutzscheibe ein trauriger Kaiser dem Schiff nach, das von Sankt Helena weg segelt. Übrigens: Als das passierte, gab es zwar noch keine Trucks, aber die Dillinger Hütte war immerhin schon rund 130 Jahre alt.