Vorsicht, Pylonen! Schnell sind die kleinen rotweißen Zylinder umgefahren. Damit dies nicht passiert, gibt Peter Reiter, Geschäftsführer der Nürnberger Fahrschule "Die Drei", per Funk Tommy Gartenbach, BKF-Azubi bei der Spedition Mayer in Maxhütte-Haidhof, konkrete Anweisungen für das Slalomfahren. Simuliert wird eine potenzielle Engstelle, etwa während eines Verkehrsstaus.
Ebenso wie Tommy Gartenbach durften an diesem Tag weitere 19 Azubis aus den BKF-Abschlussklassen der Berufsschule Roth am Sicherheitstraining teilnehmen, das gemeinsam mit der Nürnberger Fahrschule durchgeführt wurde. Unter nahezu realen Bedingungen wurden sicheres Fahrverhalten und Geschicklichkeit auf dem Verkehrsübungsplatz der Fahrschule Lechner in Fürth trainiert. Die Fahrschule Gaukler aus Hilpoltstein und die Firma Heinloth aus Roth stellten jeweils einen Lastwagen zur Verfügung.
"Die Idee hinter dem Motto 'David und Goliath' ist, das Verhalten gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern zu schulen", erklärt Peter Reiter. "Ebenso sollen aber auch die Nachteile gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern aufgezeigt werden, etwa, wie schnell man sich überschätzt."
"LKW werden immer negativ dargestellt, dabei tun Berufskraftfahrer einiges für die Sicherheit, wie auch wir heute", betont Berufsschullehrer Robert Hillenmeier. "Ein Schwerpunkt unserer Ausbildung ist die Sicherheit im Straßenverkehr." Da diese an der Rother Schule bisher nur in der Theorie gelehrt wurde, sollen die Schüler nun auch in der Praxis ihr Können beweisen.
COOL BLEIBEN AUF NASSER FAHRBAHN
Als nächste Disziplin stehen Gefahrenbremsen und Ausweichen auf nasser Fahrbahn auf dem Programm. "Die Kegel könnten dabei einen Stau simulieren", erklärt Fahrlehrer und Sicherheitstrainer Frank Nagel vom Team der Fahrschule "Die Drei". "Die Teilnehmer sollen lernen, auf nasser Fahrbahn klarzukommen." "Sehr gut", tönt es aus dem Funk. Marco Heer, Azubi bei der Spedition Jacob in Uffenheim, hat den LKW fest im Griff und die Übung perfekt gemeistert. "Es geht hier nicht um Schnelligkeit, sondern um Geschicklichkeit", gibt Fahrlehrer Josef Gaukler, der auch Lehrer an der Berufsschule Roth ist, zu bedenken.
Neben Abbremsen und Ausweichen standen Präzisionsfahren, Wenden in drei Zügen sowie Gefahrenbremsung auf trockener und nasser Fahrbahn auf dem Programm. "Bei dieser Übung haben wir einen Smart vorfahren lassen, damit die Teilnehmer sehen können, wie ein PKW im Vergleich zum LKW in der Gefahrensituation reagiert und wie lang die jeweiligen Bremswege sind", erklärt Frank Nagel und betont, dass alle Übungen so konzipiert sind, dass Sicherheiten eingebaut sind. "LKW und Smart haben eigentlich den gleichen Bremsweg", sagt Josef Gaukler. Die Azubis stellten jedoch fest, dass der LKW auf trockener Fahrbahn minimal früher stand als der Smart. "Nur der Reaktionsweg ist anders", sagt Gaukler. Auf nasser Fahrbahn ist er doppelt so lang.
Damit die Nachhaltigkeit des Trainings gewährleistet wird, wurde alles, was an dem Trainingstag geübt wurde, auf Video festgehalten und auf CD gebrannt. "Die kriegt jeder Teilnehmer mit nach Hause", sagt Frank Nagel. Nach jeder Übung bekommen die Azubis Rückmeldungen und konkrete Instruktionen. "Wir zeigen die Grenzen der Physik mit pädagogischem Hintergrund auf." "Schaut in eure Spiegel! Beobachtet euer Fahrzeug! Macht den Rundumblick!" Diese Leitsätze gibt Frank Nagel dem Fahrernachwuchs mit auf den Weg. "Die Teilnehmer sollen wissen, dass man immer ein Restrisiko hat, denn es gibt immer noch Gefahren, die nicht vorhersehbar sind."
Kurz vor Schluss werden Übungen zum "toten Winkel" trainiert. Dazu werden drei Gassen gebildet - in der mittleren fährt der Smart. "Er bremst mehr oder weniger überraschend ab", erklärt Nagel. "Bei der Übung geht es um eine Kombination aus Reaktion und Abstandhalten." Die Teilnehmer haben gelernt, dass man Fahrzeuge im toten Winkel nicht sehen kann. "Solche Trainings sind notwendig, um das Sicherheitsbewusstsein, das partnerschaftliche Verhalten und die Toleranz gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern zu schulen nach dem Motto 'Der Klügere gibt nach'", sagt Frank Nagel. Peter Reiter betont, dass es für die Azubis sehr wichtig sei, diese Extrembedingungen zu trainieren.
KONZENTRATION BIS ZUR LETZTEN MINUTE
"Man braucht Konzentration bis zum Schluss. Auch nach einem Acht-Stunden-Tag muss man noch so konzentriert sein wie in der ersten Minute." Deshalb wird bei dem Training Stress im Grenzbereich geschaffen, damit die Schüler lernen, damit umzugehen.
"Highlight unserer Ausbildung"
Warum haben Sie das Projekt der Fahrsicherheitstrainings mit BKF-Abschlussklassen ins Leben gerufen?
Wir fahren in der Schule nicht, es wird viel Theorie gelernt. Das Fahrsicherheitstraining ist das Highlight unserer Ausbildung, der Abschluss, der letzte Schliff. Alles, was man tut, sieht und erlebt, bleibt in Erinnerung. Das Training ist damit ein Teil Erlebnispädagogik. Die Fahrer sollen das ABS und ESP in Extremsituationen erleben, um dann auf der Straße entsprechend reagieren zu können. Das Sicherheitstraining bringt vom Ausbildungserfolg viel. Die Schüler sollen die Verkehrsregeln kennen und verinnerlichen, ihre Rechte und Pflichten in der Theorie kennen und in der Praxis umsetzen können. Wir wollen, dass sich unsere Berufsschüler von allen anderen abheben.
Ist geplant, das Sicherheitstraining generell mit in die Ausbildung aufzunehmen?
Wir schauen mal, wie es läuft. Das ist bisher ein Pilotversuch. Die BKF-Ausbildung ist bei uns noch neu. Dementsprechend wollten wir eine einmalige Ausbildung schaffen. Aber es ist geplant, das Verkehrssicherheitstraining in jeder BKF-Abschlussklasse durchzuführen.
Was haben Sie weiterhin an der Berufsschule im Hinblick auf BKF-Ausbildung geplant?
Wir möchten das Projekt des Fahrsicherheitstrainings noch erweitern und als nächstes Ziel ein LKW-Energiespartraining für unsere Azubis anbieten.
BERUFSSCHULE ROTH - Schlaue Methode
Die Berufsschule Roth gibt weiter Gas beim Ausbau ihrer LKW-Ausbildung: Beim Tag der offenen Tür konnten die Besucher erstmals das neue Nutzfahrzeugzentrum begutachten. Die Schüler der BKF-Klassen und Nutzfahrzeugmechatroniker gaben Einblicke in ihren Lernalltag. Kernstück der neuen Schulungseinrichtungen sind zwei Werkstatthallen. Außerdem zeigten die Schüler auf einer Wechselbrücke verschiedene Verzurrmöglichkeiten. In zwei der insgesamt vier Unterrichtsräume verdeutlichten die Azubis das Fach Routenplanung. Damit noch mehr junge Leute den Weg hinters LKW-Lenkrad finden.
Verena Breitbach