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Ausgewandert nach Kanada - He did it!

15.01.2017 08:00 Uhr
Ausgewandert nach Kanada - He did it!
Geschafft: Holger Menzel arbeitet in Kanada
© Foto: Jochen Dieckmann

Vor zehn Jahren wanderte Fahrer Holger Menzel nach Kanada aus. Zeit, einmal nachzufragen, was aus dem Traum geworden ist.

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Holger Menzel hat es geschafft. Zusammen mit seiner Frau Regina ist der Lkw-Fahrer vor zehn Jahren von Schwaben nach Manitoba ausgewandert und arbeitet dort seitdem als Trucker. Die beiden haben diesen Schritt nie bereut und sind seitdem nicht mehr in Deutschland gewesen. Warum auch? Sie fühlen sich wohl in ihrer neuen Heimat.

Während Holger erzählt, fahren wir mit einem Volvo-Hauber über den Trans-Canada-Highway, die drittlängste Straße der Welt, Richtung Westen. In den Prärieprovinzen darf man 110 km/h fahren. Das gilt für alle gleichermaßen, daher sind alle mehr oder weniger gleich schnell unterwegs. Es gibt kein Rechtsfahrgebot und wegen empfindlicher Strafen auch so gut wie keine Raser und Drängler.

Wir hatten in der Nähe von Winnipeg Broccoli geladen für Calgary. Angenehm: Die Palettenware haben andere verladen, das ist hier nicht Sache des Fahrers. Der Kühlauflieger hat die Höchstlänge von 53 Fuß, das ist mit 16,15 Meter fast so lang wie bei uns ein kompletter Sattelzug.

HOLGER BLEIBT REALIST: ES GIBT VIELE HÜRDEN

Da ich nur ein Touristenvisum und kein "work permit" habe, darf ich dem deutsch-kanadischen Kollegen nicht mit einem Handschlag helfen. Ich darf ihn nicht mal einweisen oder die Hecktüren öffnen, als er an die Rampe fährt, und muss mich aufs Fotografieren beschränken.

"Der Anfang war schwer und ich habe einige scheitern sehen", erinnert sich Holger. "Zwar werden hier dringend Fahrer gesucht, aber man sollte sich keine Illusionen machen, es gibt viele Hürden." Bus- und Lkw-Fahrer müssen den Führerschein neu machen, die Commercial Drivers Licence CDL.

Für den Papierkram mit der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis braucht man professionelle Hilfe. Aber da liegt schon der erste Stolperstein, denn aus dem fernen Deutschland ist es schwer, dafür einen seriösen Dienstleister zu finden. Sonst hat man schon viel Geld verloren, noch bevor man auch nur einen Fuß auf kanadischen Boden gesetzt hat.

Beim Entladen in Calgary ruft der Chef (der gut 50 Trucks hat) an und fragt, ob Holger noch sieben Paletten mitbringen kann, die direkt vor Ort stünden. Er fragt! Und bedankt sich hinterher! Für keine fünf Minuten Mehraufwand, die Paletten laden zu lassen.

Die Regelungen für Lenk- und Ruhezeiten sind wesentlich großzügiger, aber leider noch komplizierter als in Europa und obendrein in den USA und Kanada unterschiedlich.

Unterm Strich kann man ganz legal locker 1000 Kilometer pro Tag schaffen. Teile der Ruhezeit muss der Fahrer im "sleeper berth" verbringen. Für Europäer schwer vorstellbar, das ist der kleine Wohnraum hinter den Sitzen, wo die meisten "Cabs" überhaupt erst breiter werden. Lässt man sich vorne blicken, außer zum Einund Aussteigen, kann ein teures "Ticket" fällig werden! Die "Wochenruhezeit" heißt "Reset" und ist mit 36 Stunden erledigt. In dieser Zeit darf man mit dem Lkw zum Einkaufen fahren. Parkplätze für 25 Meter sind bei Shopping Centern selten ein Problem. Allerdings darf sich nie Alkohol in der Kabine befinden: Nicht eine Dose Bier, auch nicht während des Resets und auch nicht im Rucksack Mitreisender.

MANCHE ROUTEN BIETEN BILDERBUCH-LANDSCHAFTEN

Dann die nächste Tour: Mit vorgeladenem Trailer geht es mit Rindfleisch Richtung Süden; erster Kunde in Las Vegas, die anderen beiden in Los Angeles. Auf der Landstraße grüßt man sich mit den entgegenkommenden Truckern. Die US-Grenze dauert weniger als eine Stunde. Ware, Fahrer und auch die Passnummer des Beifahrers waren einen Tag vorher angemeldet worden.

Nach Grenzabfertigung und Fleischkontrolle brausen wir mit 65 Meilen (fast 105 km/h) Richtung Süden durch Montana. Die Landschaft am Ostrand der Rocky Mountains ist traumhaft schön. Später in Idaho wird sie eintöniger, dafür dürfen wir hier 70 Meilen fahren (was exakt 112,6 km/h entspricht).

"Auswandern nach Kanada - nicht leicht gemacht", ist der Buchtitel, unter dem Holger seine Erfahrungen veröffentlicht hat. Leider ist er mit dem Verlag reingefallen, denn das Buch wurde weder lektoriert noch professionell vertrieben, kostet im Netz aber freche 24,80 Euro. Er selbst bekam bisher nicht mal ein Belegexemplar. Dennoch ist es empfehlenswert für alle, die sich ernsthaft mit dem Gedanken befassen, dorthin auszuwandern.

Als wir von Idaho nach Utah kommen, dürfen wir gar auf 80 Meilen beschleunigen - fast 129 km/h! Nach Hunderten von kanadischen Kilometern und US-Meilen durch dünn besiedelte Gegenden verläuft die Interstate 15 nun durch eine Stadt, die gar nicht mehr aufhören will. Die Fahrt durch Salt Lake City und Umland geht über mehr als 100 Kilometer, lange Zeit ist rechts der riesige Salzsee zu sehen. Die Fahrerduschen am Truck Stop sind first class. Wenn man mehr als 200 Liter tankt, sind sie gratis, sonst allerdings ziemlich teuer. Diesel ist zur Zeit in Kanada und den USA übrigens teurer als Benzin. Beides kostet aber nur gut halb so viel wie in Deutschland.

400 Kilometer weiter, am Südrand von Utah, führt die Interstate plötzlich durch einen wilden Canyon und geradezu klischeehaft taucht ein Schild auf, das die Staatsgrenze von Arizona anzeigt. 50 Kilometer weiter wechseln Landschaft und Staatsgrenze erneut. Hier beginnen Nevada und die Wüste. Auch dort dürfen wir 80 fahren, in einer Stunde sind wir in Las Vegas. Da wir erst am nächsten Morgen ausladen können und der Truck Stop nur fünf Minuten entfernt ist, finden wir abends sogar noch Zeit, über den legendären "Strip" zu flanieren - auch wenn das Auswandern alles andere als ein Spaziergang war: Für Holger hat es sich gelohnt! Jochen Dieckmann

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