Es fühlt sich an, als wäre ich in dem Truck auf die Welt gekommen." Das ist Pedro Silva natürlich nicht, sondern in einer Klinik in Lissabon. Trotzdem empfindet der Abschleppunternehmer aus der portugiesischen Hauptstadt eine besonders emotionale Nähe zu dem Bedford-Truck, in dem er einst unzählige Fahrten mit seinem Vater unternommen hat.
Doch Nähe empfindet er nicht nur zu dem 70er-Jahre Youngtimer, der von einer Plastikplane verhüllt in den Hallen direkt am Rande der Lissabonner Stadtautobahn steht, sondern auch zur Branche. Denn Pedro Silva ist Abschleppunternehmer aus Leidenschaft: "Mein Leben ist die Strasse, sind unsere Trucks, ist es, Menschen da draußen mit unseren Diensten behilflich sein zu können", erklärt der sympathische Südeuropäer mit den stahlblauen Augen.
Das merkt man seiner Firma an. Die Autos, viele Fuso Canter in mittlerweile vier Generationen, ein abnehmender Anteil Toyota Dyna, Volvo FM, DAF LF sowie das Flaggschiff, ein imposanter Renault-Premium-Vierachser mit Schwenkkran, sind blitzblank herausgeputzt und auch im hohen Alter bestens gepflegt.
Etwa der Streckenrekordhalter, ein Canter von 1996, der bald 900.000 Abschlepp-Kilometer runter hat. In den Hallen herrscht piekfeine Ordnung, der Boden blitzblank. Überhaupt die Hallen: In die zog man um, weil die Firma damit vier Minuten näher an der Autobahn ist. Wodurch die Silvas aufs Jahr gerechnet zwei Arbeitstage mehr rausschlagen - abgesehen von Sprit und Verschleiß. Bis in diese Feinheiten haben die Silva-Brüder ihr Geschäft perfektioniert, seit der Ältere nach dem Tod des Vaters schon mit 18 Jahren das Ruder übernehmen musste.
DIE MISCHUNG MACHT'S: BEGEISTERUNG FÜR TECHNIK TRIFFT GESCHÄFTSSINN
Gemeinsam mit dem sieben Jahre jüngeren Bruder tüftelt der jetzt 39-Jährige Details aus, wie man die Arbeit der akkurat im blau-gelben Firmendress gekleideten Fahrer weiter erleichtern kann: Staukasten auf die Beifahrerseite, Schaufelhalter auf die Fahrerseite, massive Schleppösen für den FM-Autotransporter - in der eigenen Werkstatt werden die Fahrgestelle nach eigener Vorstellung modifiziert. "Klar, wir hinken hier in Portugal zehn Jahre hinter aktuellster Abschlepptechnik her. Das Land ist zu klein, die Aufträge zu margenschwach für größere Investitionen in Tow-Technik, wie sie Franzosen oder Briten einsetzen", schätzt Silva realistisch ein. Trotzdem wälzen die Brüder Fachmagazine oder besuchen Fachmessen in Frankreich, schauen sich hier und dort was ab und adaptieren so gut wie eben möglich.
Das fing schon damals im 70er-Jahre-Bedford TK an: "Wir hatten hier das wahrscheinlich erste Mobiltelefon Portugals eingebaut", schmunzelt der technikbegeisterte Unternehmer. Umgerechnet 3000 Euro hat ihn das damals gekostet. "Aber es hat sich schnell amortisiert, weil wir einfach flexibler erreichbar waren und Aufträge annehmen konnten, während wir noch unterwegs waren", beschreibt Silva die Vorteile. Derzeit experimentiert er mit dem neuen Neun-Tonner-Modell des Fuso Canter sowie mit dessen Duonic-Doppelkupplungsgetriebe. "Die Autos sind ja immer schwerer geworden und das Nutzlastplus hilft uns, auf der legalen Seite zu bleiben, selbst wenn wir zwei SUVs abschleppen müssten." Die Doppelkupplung laufe bisher problemlos und sei in jedem Fall eine Entlastung für die Fahrer. Nur am Berg gebe es mal knifflige Situationen, weil das System erst nach kurzem Rückrollen aktiv werde.
PANNEN PASSIEREN IMMER: DARAUF VERTRAUEN DIE BEIDEN BRÜDER
Schon wieder klingelt Silvas Telefon, ein modernes Gerät: In der Nacht hat es heftig geregnet, da gibt es noch einiges "nachzuarbeiten" für Silva und Silva. Kaum rollt einer der Canter auf den Hof, ist er schon wieder raus. Irgendwo an einem der steilen Hänge hat sich ein LKW quer gestellt, ein Fall für Silvas schwereres Kaliber, den Volvo-FM-Schlepper. Pannen passieren immer, davon lebt Pedro Silva schließlich. Nicht üppig, aber so, dass die Brüder ihr kleines Geschäft Schritt für Schritt weiter verfeinern können. Und da hätten die beiden noch so einige Ideen.