Wenn das kein Grund zum Feiern ist: Tom Astor, gerade siebzig Jahre jung geworden, feiert sein 50-jähriges Bühnenjubiläum und ein seltenes Extra-Jubiläum dazu: Als einziger Sänger war er bei jedem Open-Air am Truck-Grand-Prix dabei. Und damit nicht genug: Auch mit seinem aktuellen Album "Kinder-Country-Party" ist er wieder in den Charts vertreten, seine Unplugged-Tournee war ausverkauft, und gerade war er wieder in Nashville, um neue Songs für ein Album aufzunehmen, das voraussichtlich im Frühjahr 2014 erscheinen wird.
Tom Jeier, langjähriger Mitarbeiter des TRUCKER, Moderator des "Country Club" auf Bayern 3 und unter seinem Pseudonym "Christopher Ross" auch als Buchautor bekannt, kennt Tom Astor seit seinem ersten Auftritt in der Trucker-Szene und hat sogar einige Songs für ihn geschrieben. Gleich mehrere Gründe, um noch einmal für den TRUCKER in den Ring zu steigen und mit Europas Country-Sänger No. 1 über dessen einzigartige Karriere zu sprechen.
Tom Jeier: Hallo, Tom. Schön, Dich wieder mal zu sehen. Herzlichen Glückwunsch zum 50-jährigen Bühnenjubiläum! Gibt's denn eine große Jubiläumsfeier?
Tom Astor: Wir feiern das ganze Jahr, bei jedem Auftritt und auf jedem Festival. Am Nürburgring, in Kaunitz, auf meiner Tournee. Natürlich zusammen mit meinen Fans, ohne die meine Karriere gar nicht möglich gewesen wäre. Und mit einer großen Ausstellung zu meinem Jubiläum, die man sich in meiner Heimatstadt Schmallenberg im Sauerland ansehen kann. Dort kann man viele Gegenstände und Auszeichnungen meiner Karriere bewundern, meine erste Gitarre zum Beispiel, die Goldene Stimmgabel, die Goldenen Schallplatten.
Deine Fans bedeuten Dir sehr viel, nicht wahr? Ich war nie einer, der sich vor seinen Fans versteckt hat. Ich bin gerne mit ihnen zusammen und höre mir auch ihre Sorgen und Nöte an.
Viele dieser Fans sind mit meiner Musik groß geworden, für die habe ich schon ein Album signiert, als sie noch zur Schule gingen. Es gab viele unvergessliche Erlebnisse mit Fans, auch Begegnungen, die mich wirklich berührt haben. Eine Frau erzählte mir, dass meine Musik ihrem Mann über die schwerste Zeit hinweggeholfen habe, als er an Krebs erkrankt war. So etwas berührt mich.
Auf der Bühne habe ich Dich zum ersten Mal bei einem Trucker-Festival in Geiselwind gesehen, aber wenn ich mich recht erinnere, ging es mit Deiner Karriere schon früher los?
Ja, vor sage und schreibe fünfzig Jahren bei einem Talentwettbewerb in Weindorf bei Köln. Mir wird ganz schwindelig, wenn ich daran denke, wie lange das schon her ist. Eigentlich war eine Schnapsidee daran schuld. Ich saß mit einigen Freunden in einer Kneipe beisammen, als einer von dem Talentwettbewerb in Weindorf erzählte und sagte: "He, Du zupfst doch öfter mal auf einer Gitarre rum. Warum machst Du nicht mit?" Sechs Flaschen Sekt waren sein Einsatz. Ich ließ mich darauf ein und machte mit. Ich sang "Tika-Tee, Tika-Tay" von Dean Martin, gewann und kassierte die sechs Flaschen Sekt.
Damals hast Du noch Schlager gesungen, aber Dein Herz schlug auch für die Country-Musik. Wann hat Dich der Country-Bazillus erwischt?
Country-Musik habe ich zum ersten Mal im AFN gehört, dem amerikanischen Soldatensender. Dort konnte man an jedem Wochenende die Country Top 40 mit Bob Kingsley hören. Am meisten war ich aber von Johnny Cash fasziniert. Sein Album "San Quentin" hat mich regelrecht umgehauen. Als ich mit deutscher Country-Musik anfing, haben mich alle belächelt, besonders die Manager in den Plattenfirmen, bis mein "Hallo, Guten Morgen, Deutschland" groß einschlug und ich mal ein paar Leute zum Truck-Grand-Prix am Nürburgring mitnahm. Die kamen aus dem Staunen nicht mehr raus.
Und damit sind wir schon mittendrin in der Trucker-Szene. Du warst von Anfang an dabei und hast die Fahrer immer als besonderes Publikum angesehen, nicht wahr? Warum eigentlich, und wann ging's los damit?
In Amerika gehören Trucker und Country-Musik zusammen, und auch bei uns hören sie gern diese Musik. Trucker sind Geradeaus-Typen, die sagen immer die Wahrheit. Und mit ihren Erzählungen haben sie mir immer guten Stoff für meine Lieder geliefert. Ich trat zum ersten Mal 1979 auf einem Trucker-Festival auf, im kleinen Rahmen damals, dann kam 1981 das erste Festival bei Toni Strohofer in Geiselwind, und dann kamen die vielen anderen schönen Feste in Berg, Birstein und vielen anderen Städten. Nach all den Jahren macht es mir immer noch Spaß, dort aufzutreten.
Ich durfte mehrmals dabei sein, als Du Deine Songs in Nashville aufgenommen hast. Warum, fragen viele Fans, muss man dazu eigentlich nach Amerika?
Weil die Musiker in Nashville die Country-Musik im Blut haben. Ich habe bei der Fan Fair erlebt, wie professionell sie arbeiten. Die hörten sich den Song, den ich singen wollte, zwei Mal an, notierten sich einige Zahlen, und dann ging es los. Die Zahlen stehen für bestimmte Noten, ein einfaches, aber sehr effektives System. Und genauso professionell lief es im Studio. Mein Freund Charlie McCoy, der meine Sessions leitet und schon für Elvis Presley, Paul McCartney und Bob Dylan an der Mundharmonika war, hat sogar ein ganzes Instrumentalalbum mit Tom-Astor-Songs aufgenommen, und einmal haben wir diese Musiker auch zum Festival beim Truck-Grand-Prix an den Nürburgring mitgenommen.
Du hast auch Duette mit zahlreichen amerikanischen Stars aufgenommen.
Stimmt, und jede dieser Aufnahmen war ein Erlebnis für mich. Mit den Bellamy Brothers hast Du mich zusammengebracht, außerdem gab es Aufnahmen mit Waylon Jennings, Willie Nelson, Emmylou Harris, um nur ein paar zu nennen, und dann natürlich mit Johnny Cash, meinem großen Idol. Der kam in seinem alten Mercedes zum Studio und hatte überhaupt keine Starallüren. Er war bestens vorbereitet, ein echter Profi, bei dem aber auch das Menschliche nicht zu kurz kam. Wir haben uns toll unterhalten.
Und was waren die Highlights Deiner ersten fünfzig Bühnenjahre?
Auf jeden Fall die Aufnahmen mit Johnny Cash, ein unvergessliches Erlebnis. Ich war ganz schön nervös an diesem Tag. Und dann natürlich 1996, als ich drei Goldene Schallplatten innerhalb eines Jahres bekam. In der Frankfurter Festhalle durfte ich mit den Highwaymen live auf der großen Bühne singen, das waren vier Legenden: Johnny Cash, Kris Kristofferson, Waylon Jennings und Willie Nelson. In der Jahreshitparade landete ich mit "Junger Adler" vor Größen wie Wolfgang Petry, Nicole und Brunner & Brunner. Last but not least: die Begegnungen mit den Fans, vor allem den Truckern, und die "Goldenen Trucks", die TRUCKER verlieh.
Wie ich Dich kenne, denkst Du nicht daran, Dich zur Ruhe zu setzen. Was ist für 2014 geplant?
Der Truck-Grand-Prix ist jedes Jahr ein ganz besonderes Highlight, aber ich freue mich auch auf die Trucker-Festivals in Fulda, Kaunitz und in der Steiermark. Im Februar und März werde ich an meinem neuen Album arbeiten, das im Frühjahr auf den Markt kommen soll. Vielleicht gehe ich auch wieder auf eine Unplugged-Tournee, nur ich und ein Gitarrist. Das waren dieses Jahr sehr schöne und intime Konzerte. Viele Leute haben die Nase voll von bombastischen Bühnenshows mit Pyrotechnik und speziellen Effekten.