Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat es wieder getan: Sein Ministerium vergab auch den Auftrag zur Fahrbahnverbreiterung der A7 nördlich von Hamburg an private Unternehmen. Dabei haben bereits Anfang Juni Prüfer des Bundesrechnungshofs offengelegt, dass sich der privat finanzierte Autobahnbau nicht rentiert. Schlimmer: Er verursacht enorme Mehrkosten. Die so genannten öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) liegen bei Politikern im Trend. Bauvorhaben vergibt die Politik zusehends an private Finanzierer, wie eben jetzt die Erweiterung des 65 Kilometer langen Abschnitts zwischen den Dreiecken Hamburg-Nordwest und Bordesholm auf sechs oder acht Fahrspuren. Den Zuschlag erhielt ein Konsortium der Unternehmen Hochtief, DIF Infra und Kemna. Neben dem Bau muss das Konsortium 30 Jahre lang für den Erhalt eines 59 Kilometer langen Teilstücks sorgen. Der Baubeginn ist für Herbst vorgesehen, die Fertigstellung für Ende 2018.
ATTRAKTIV FÜR DIE POLITIK: PRIVATE STRECKEN GELD VOR
Das Prinzip der ÖPP ist für Politiker verlockend. Private Investoren bauen auf eigene Kosten Autobahnen, Schulen oder Tunnel und sorgen für eine festgelegte Zeit für deren Betrieb. Der Auftraggeber (Bund, Länder oder Kommunen) zahlt über den vereinbarten Zeitraum die Kosten ab, die er sonst selbst hätte investieren müssen. Als Gegenleistung erhält das Konsortium beim A7-Ausbau vom Bund als Auftraggeber eine monatliche Vergütung, die abhängig von der Verfügbarkeit der Strecke ist. Nach der Fertigstellung verdient das Konsortium an den LKW-Mautgebühren, die innerhalb der Vertragslaufzeit auf dieser Strecke anfallen.
Die Rechnungsprüfer des Bundesrechnungshofs haben die sechs bis jetzt beendeten ÖPP-Projekte untersucht und kamen zu einem ernüchternden Ergebnis. Fünf der sechs Projekte seien um insgesamt fast zwei Milliarden teurer als es eine konventionelle Realisierung gewesen wäre, berichtet das "Handelsblatt". Der Ausbau der A1 von Bremen nach Buchholz beispielsweise sei nicht um rund 40 Prozent günstiger gewesen, wie vom Bundesverkehrsministerium anvisiert, sondern um 28 Prozent teurer.
Für die Mehrkosten machen die Prüfer vor allen Dingen die höheren Finanzierungskosten verantwortlich. Firmen müssen für Kredite höhere Zinsen bezahlen, weil die Kreditgeber privaten Unternehmen eher zutrauen, Pleite zu gehen, als dem Staat. Dieses Risiko lassen sich Banken bezahlen.
Verkehrsminister Dobrindt verteidigt die Vergabe der umstrittenen Projekte: "Geeignete Strecken können durch Beteiligung privater Konsortien zügiger fertiggestellt werden. Grundsätzlich gilt: Je schneller eine Strecke ausgebaut ist, desto größer ist der volkswirtschaftliche Nutzen. ÖPP wird deshalb weiter ein wichtiger Teil unserer Infrastrukturpolitik bleiben und weiter ausgebaut werden."
Kritiker werfen ihm vor, er wolle die gesetzlich festgelegte Schuldenbremse umgehen. Anders als bei rein öffentlichen Bauvorhaben muss Dobrindt die Kredite von öffentlich-privaten Projekten nicht auf einmal als Schulden verbuchen, sondern jährlich nur die entsprechende Rate an den Partner.
POLITIKER UMGEHEN MIT ÖPP ÖFFENTLICHE KONTROLLEN
Der größte Kritikpunkt ist jedoch, dass Politiker kontrollierende Instanzen umgehen. Bei öffentlichen Bauprojekten prüfen Haushaltspolitiker deren Rentabilität. Erweist sich ein Projekt als uneffizient, verweigern die Prüfer den Bau. Bei der Vergabe an private Investoren werden die Kontrolleure umschifft. Dadurch verschleuderte der Bund bereits viel Geld. Viele überflüssige ÖPP-Projekte wie der 2003 eröffnete Tunnel unter der Warnow in Rostock werden sich wohl nie rechnen. Auch aufgrund der hohen Mautpreise nutzen zu wenige Verkehrsteilnehmer diesen Tunnel.
Der SPD-Fraktionsvize Sören Bartol mahnte, dass ÖPP nur "Beschaffungsalternativen" seien, wenn "die Beteiligung privater Dritter für die öffentliche Hand kostengünstiger ist". Er fordert eine transparentere und kritischere Überprüfungsmethodik.