Vor 100 Jahren erfand Herbert Kienzle, den ersten VDO-Tachographen in Villingen, der sowohl Fahr- als auch Haltezeiten eines Fahrzeugs auf einer Diagrammscheibe erfassen konnte. „Kaum ein anderes Instrument im Nutzfahrzeugcockpit hat den Alltag auf den Straßen Europas so verändert wie der Tachograph. Durch ihn wurden der Wettbewerb in der Transportlogistik fairer, die Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal sicherer und das Management von Flotten immer effizienter“, sagt Ismail Dagli, Leiter des Geschäftsfelds Smart Mobility bei Continental. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Tradition an unserem Standort in Villingen mit dem DTCO 4.1 und darüber hinaus fortsetzen können.“
Die zweite Version des Gerätes wird zum 21. August Pflicht in der Europäischen Union und weiteren europäischen Ländern: Mit dem neuen intelligenten Tachographen der zweiten Version erhält der digitale Fahrtenschreiber nun zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Kontrollfunktion, die über die Erfassung von Arbeits- und Einsatzzeiten hinausgeht: Der DTCO 4.1 unterstützt die Kontrolle und Durchsetzung der im EU-Mobilitätspaket 1 neu festgelegten Anforderungen, welche die Sicherheit und die Arbeitskonditionen in der Transportlogistik weiter verbessern sollen. Dazu gehört unter anderem der Nachweis von Kabotagefahrten und der Entsendung von Fahrpersonal – also, vereinfacht, dem Einsatz außerhalb des Heimatlandes.
Die Wurzeln des VDO-Tachographen liegen im Schwarzwald. Hier erfand Kienzle vor 100 Jahren die Autorex-Uhr in der Kienzle Uhrenfabrik – das erste Instrument, das Fahr- und Haltezeiten gleichzeitig auf einer beschichteten Diagrammscheibe aufzeichnen konnte und damit der unmittelbare Vorgänger des TCO 1 (die Abkürzung TCO steht für Tachograph). Als Mitglied einer Schwenninger Uhrmacherdynastie lagen dem Erfinder ein hohes Maß an Präzision und das Gefühl für das Messen von Zeiten, Strecken und Geschwindigkeiten im Blut. Über die Jahrzehnte wurde der Fahrtenschreiber technologisch weiterentwickelt und an neue regulatorische Rahmenbedingungen angepasst: Aus der runden Uhrform wurde Schritt für Schritt ein flacher Kasten, der heute in den Radioschacht im Armaturenbrett passt. Das ursprünglich verwendete Fliehpendelprinzip für die Geschwindigkeitsmessung wurde durch das deutlich genauere Wirbelstromprinzip ersetzt.
Heute werden die Tachographendaten nicht mehr analog auf einer Diagrammscheibe erfasst, sondern digital auf Chipkarten sowie Massenspeichermedien gespeichert und teilweise in Echtzeit in die Cloud übertragen. Und schließlich beschränken sich die gesammelten Daten im Jahr 2023 nicht mehr auf Geschwindigkeit, Fahrt- und Haltezeiten sowie Fahrstrecke, sondern sind ein Datenschatz aus unterschiedlichsten Bereichen des Fahrzeugs, die mit den passenden Services einen echten Mehrwert für Effizienz, Sicherheit und Compliance liefern.
Vom Standort Villingen aus eroberte der VDO-Tachograph den europäischen Markt, seit 2007 als Teil der Continental Gruppe. Heute nutzen Millionen von Nutzfahrzeugen im internationalen Transportverkehr einen der Fahrtenschreiber, die am Standort Villingen entwickelt und gefertigt werden. Das Angebot aus dem Schwarzwald besteht aber längst nicht mehr nur aus reiner Hardware. Die Flottenmanagement-Plattform VDO Fleet, Geräte für die Konnektivität und neue Serviceangebote auf Basis von Tachographendaten machen Continental zu einem Partner für Compliance und Effizienzsteigerung in der Transportlogistik.
Ab dem 21. August 2023 müssen in der Europäischen Union alle neu zugelassenen Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht den intelligenten Tachographen der zweiten Version an Bord haben. In den kommenden drei Jahren folgt dann die schrittweise Nachrüstung von Nutzfahrzeugen, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. Diese von der Europäischen Union vorgebebene Umrüstpflicht ist ein weiteres Novum in der Geschichte des Tachographen. Bislang mussten neue Generationen des Tachographen nie nachgerüstet werden.
Continental erwartet deshalb einen Ansturm in mehreren Wellen auf die Werkstätten, wenn Speditionen und Busunternehmen die neuen Tachographen einbauen lassen wollen. „Wir empfehlen Flottenbetreibern, möglichst frühzeitig einen Termin für die Nachrüstung mit ihrer Werkstatt auszumachen“, sagt Dirk Gandras, der im Geschäftssegment Connected Commercial Vehicle Solutions das Tachographenprogramm leitet. „So vermeiden sie es, aufgrund von Terminproblemen die für sie gültige Frist zu verpassen und können gleichzeitig schon früher von der Leistungsfähigkeit des neuen Tachographen profitieren.“ Werkstätten ermuntert Dirk Gandras, ihren Kunden aktiv eine Umrüstung im Zuge der verpflichtenden periodischen Prüfung nahezulegen, um einen Stau vor den Werkstattgruben und Hebebühnen zu vermeiden.