Ob ein Lieferant die Geschäfte in einer Fußgängerzone mit einem KFZ beliefern darf oder nicht, kann nicht von der Größe oder Schwere der bestellten Waren abhängen.
Ein Jenenser Kleinunternehmer sollte wegen Falschparkens ein Bußgeld von 30 Euro bezahlen. Dem Mann, der in der Innenstadt von Jena regelmäßig mehrere Schaukästen reinigt und neu bestückt, war "verbotswidriges Parken im gesperrten Fußgängerbereich" vorgeworfen worden.
Der Strafzettel des Werbemanns war auf morgens halb neun Uhr ausgestellt. Der Lieferverkehr in den Fußgängerzonen Jenas ist jedoch durch die Stadtverwaltung zwischen 6 und 10 Uhr und zwischen 18 und 21 Uhr per Zusatzbeschilderung ausdrücklich erlaubt.
Trotzdem wollte die klamme Kommune nicht auf den Strafobolus verzichten. Schließlich umfasse der erlaubte Lieferverkehr lediglich solche Waren, deren Umfang oder Gewicht "ein Tragen über längere Strecken unzumutbar erscheinen lässt". Papierene Plakate aber seien bekanntlich solcher Gestalt und Leichtigkeit, dass man sie zusammengerollt auch per pedes und notfalls auf dem Buckel heranschaffen könne.
Dieser Definition des zuständigen Amtsgerichts wollten aber die in zweiter Instanz angerufenen Thüringer Oberlandesrichter nicht folgen. "Zwar ist der Begriff des 'Lieferverkehrs' tatsächlich gesetzlich nicht festgelegt", bestätigt Rechtsanwalt Jörg-Matthias Bauer von der Deutschen Anwaltshotline. Doch nach Wortsinn und gängigem Sprachgebrauch müsse man, so das Oberlandesgericht, darunter den "zur Führung und Aufrechterhaltung eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebs erforderlichen geschäftsmäßig - das heißt von Gewerbetreibenden und nicht von Privaten - durchgeführten Transport von Gegenständen von oder zu Gewerbetreibenden oder Kunden" verstehen.
Es komme nicht auf das "Was" an, sondern auf das "Wozu". Auch die geschäftliche Beförderung leichter und damit "tragbarer" Gegenstände in der Fußgängerzone ist damit als "Lieferverkehr" einzustufen.
OLG Jena
Beschluss vom 17.7.2012
Aktenzeichen: Ss Rs 67/12